
Kino Kosova zeigt eine Frau, die gegen Männer kämpft
Neben dem Filmfestival empfehlen wir eine Krimiserie mit Ella Rumpf und eine Komödie über die Mutter eines Guantánamo-Häftlings.

“Vera Dreams of the Sea” wird beim Filmfestival Kino Kosova gezeigt. Die Hauptfigur steht Gangstern gegenüber.
Foto: Kino Kosovo
kosovo kino
Nach der erfolgreichen Erstausgabe im vergangenen Jahr geht Kino Kosova nun in die nächste Runde. Das Festival zeigt neue Filme aus dem jungen Balkanstaat und seiner Diaspora, darunter „Vera Dreams of the Sea“. Die Titelfrau lebt mit ihrem Mann in Pristina. Er war Richter, sie arbeitet als Gebärdensprachdolmetscherin. Gemeinsam besitzen die beiden irgendwo auf dem Land ein Haus, das sie schon lange loswerden wollen.
Es stellt sich heraus, dass die neue Straße zwischen dem Kosovo und Nordmazedonien direkt am Dorf vorbeiführt, in dem sich das Haus befindet. Womit sein Wert explodiert. Endlich finden sich potenzielle Käufer und Vera träumt schon davon, mit dem Geld einen Lebensabend am Meer zu finanzieren. Dann nimmt sich ihr Mann das Leben.
Nach der Beerdigung erhält Vera Besuch von der Cousine des Toten. Er hat sich jahrelang um das Anwesen gekümmert und behauptet nun, der ehemalige Richter habe es ihm hinterlassen. Vera wehrt sich dagegen, merkt aber bald, dass der Cousin selbst von skrupellosen Sponsoren unter Druck gesetzt wird.
Regisseurin Kaltrina Krasniqi deckt in ihrem Thriller Korruption und patriarchalische Strukturen auf, vor allem die Tatsache, dass Frauen besonders leiden, wenn Männer Mist bauen. Krasniqi beschreibt dies mit eleganter Bildsprache und lakonischem Humor. Sie wird ihren Film in Zürich vorstellen und Fragen beantworten. (ggs)
„Vera Träume vom Meer“: Freitag, 13. Mai, 21:00 Uhr, Riffraff
Tokio Laster
Polizeiserie von JT Rogers, USA 2022, 8 Folgen
„Miami Vice“, aber in Tokio? Schließlich ist Michael Mann, der die 80er-Serie produziert hat, auch Produzent und Regisseur der ersten Folge dieser neuen Thriller-Serie. Tatsächlich basiert es auf den Erinnerungen von Jake Adelstein, der im Alter von 19 Jahren von Missouri nach Japan zog, 1993 seinen Abschluss an der Sophia University machte und Reporter für die Zeitung „Yomiuri Shimbun“ wurde, der erste ausländische Western. Man muss kein Japanologe sein, um zu wissen, wie bemerkenswert diese Leistung ist. Vor allem, weil Adelstein in der Folge Kontakte zu den Yakuza knüpfte.
Der echte Adelstein soll seine Erlebnisse oft übertrieben haben, die Serie dramatisierte die japanische Unterwelt weiter. Der Reporter (Ansel Elgort) gewinnt das Vertrauen eines erfahrenen Detektivs (Ken Watanabe) und freundet sich mit einem Yakuza an. Ein Treffpunkt ist der Onyx Club, wo die Männer von Hostessen (ua Polina, gespielt von der Schweizerin Ella Rumpf) unterhalten werden. Kaum zu glauben, dass Adelstein auch kraftvolle Aikido-Moves abliefern kann. Doch “Tokyo Vice” macht das mit einer atmosphärischen Inszenierung wieder wett: Der Stil macht süchtig. (blau)
Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush
Tragikomödie von Andreas Dresen, D/F 2022, 119 min.
Der in Deutschland als Sohn türkischer Eltern aufgewachsene Murat Kurnaz wurde 2001 in Pakistan festgenommen und an das US-Militär ausgeliefert. Dies hielt ihn in GuanteinNamo fest, sie erschien erst 2006. Kurnaz’ Autobiografie wurde bereits unter dem Titel „Fünf Jahre Leben“ verfilmt, „Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush“ erzählt nun die Geschichte aus der Perspektive der Mutter.
So sehen wir, wie eine bescheidene Hausfrau hartnäckig für Gerechtigkeit kämpft. Mit dem Anwalt Bernhard Docke (Alexander Scheer) erreicht Rabiye den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Dies wird nicht als bloßes Drama gezählt, sondern mit Mitteln der Komödie. Dass das funktioniert, liegt vor allem an dem Komiker Meltem Kaptan in der Titelrolle. Für seinen Auftritt bei der letzten Berlinale erhielt er einen Silbernen Bären. (ggs)
Arthouse Piccadilly, Gesindel
Costa Brava, Libanon
Mounia Akl Satire, Libanon 2021, 106 min.
Vor zwei Jahren explodierte im Hafen von Beirut ein Lagerhaus voller Ammoniumnitrat. Auch das Büro von Regisseurin Mounia Akl (“Beirut, I Love You”) war betroffen und ein anstehendes Filmprojekt musste verschoben werden.
Akl passte sich den Umständen an und schrieb das Drehbuch schnell um: Nach dem Urknall verließen viele Menschen die Stadt, darunter auch die Familie Badri. Er hat ein kleines Paradies auf dem Land geschaffen, indem er Gemüse anbaut und Hühner züchtet.
Alles läuft gut, bis die Arbeiter ein großes Loch unter der Farm graben. Es gibt eine staatliche Müllhalde. Der Vater stürzt sich in den Kampf gegen Müllberge und korrupte Behörden, seine Familie fällt ihm jedes Mal in den Rücken. Die älteste Tochter verliebt sich beispielsweise in den Verwalter des Geländes, während die Frau merkt, dass sie das Leben in der Stadt sehr vermisst.
Eine politische Satire mit märchenhaften Momenten: In einer Szene heben Müllsäcke ab und fliegen wie Gespenster durch den dunklen Himmel. (ggs)
Ab Fr 13.5. An filmen
bruder klaus
Dokumentarfilm von Edwin Beeler, CH 1991, 78 min.
“Halten Sie sich aus den Angelegenheiten anderer heraus!” wahrscheinlich nie gesagt. Aber Niklaus von der Flüe (1417-1487) bleibt eine interessante Figur, oft von allen Seiten vereinnahmt. Regisseur Edwin Beeler (“Hexenkinder”) hat seinen Film über den Obwaldner Heiligen, den er vor über 30 Jahren mit Hilfe der Stiftung Memoriav realisiert hat, digital entstaubt und bringt ihn in einige Kinos zurück. Mal sehen, was er uns noch zu sagen hat. (ml)
So 15.5., 12.10, Rifraf
Erinnerungen an Unterentwicklung
Drama von Tomás Gutiérrez Alea, Kuba 1968, 97 min.
Knapp zehn Jahre nach der kubanischen Revolution: Castro und Konsorten stürzen die korrupte Elite um Batista. Sergio (Sergio Corrieri) stammt ebenfalls aus einer wohlhabenden Familie, blieb aber im Gegensatz zu seinen Freunden und Verwandten auf der Insel. Wo nun ein Blick auf die veränderte Gesellschaft werfen. Daraus ergibt sich eine faszinierende Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte. Das Studentische Filmbüro zeigt Arbeiten zur Reihe „Clash and Class“. (ggs)
Dienstag, 17. Mai, 20:00 Uhr, Filmstelle, Stuz2
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